WO DIE GESUNDEN MENSCHEN LEBEN.
Warum bleiben manche von uns länger fit und vital als andere? Diese Frage beschäftigt die Altersforschung schon lange. Die neuesten Erkenntnisse und was wir uns abschauen können.
Mit 80 oder 90 Jahren noch mitten im Leben stehen, den eigenen Garten pflegen oder mit den Enkeln spielen – diese Hoffnung haben viele Menschen. Denn längst ist klar: Ein hohes Alter allein ist kein Garant für ein erfülltes Leben, wir müssen dabei auch möglichst lange gesund bleiben. „Das Ziel ist, die Lebenserwartung zu steigern und dabei die Gesundheitsspanne auszudehnen. Nur wenn beides Hand in Hand geht, haben wir etwas davon“, sagt Prof. Bernd Kleine-Gunk, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin. Für ihn ist Altersforschung die Präventivmedizin unserer Zeit: „Alzheimer, Diabetes oder Osteoporose – fast alle Erkrankungen, an denen wir letztendlich sterben, haben mit dem Alterungsprozess zu tun. Wer eine vernünftige Vorsorgemedizin machen will, muss das Thema Altern angehen.“
WIR HABEN ES IN DER HAND.
Die gute Nachricht: Wir können selbst etwas dafür tun, lange gesund zu bleiben. Denn nur ein geringer Teil des Alterns ist vorbestimmt, vieles hängt von der persönlichen Lebensweise ab. Wir können uns bewusst dafür entscheiden, gesünder zu altern – davon ist Prof. Kleine-Gunk überzeugt: „Unsere Gene sind bei der Lebenserwartung verantwortlich für 20 bis 30 Prozent, der Rest ist Lebensstil“, sagt er. „Vor allem die bekannten Zivilisationskrankheiten können wir beeinflussen.“ Deshalb lohnt sich ein Blick in die sogenannten Blue Zones. Das sind Gebiete, in denen die Menschen überdurchschnittlich alt werden und seltener von Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz betroffen sind. Außerdem ist der Anteil von über 100-Jährigen besonders hoch. Den Begriff Blue Zones hat der amerikanische Forscher und Autor Dan Buettner etabliert. Er berichtete schon im Jahr 2005 für das Magazin National Geographic über die Besonderheiten der Regionen in Okinawa (Japan), einem Teil von Sardinien (Italien), Nicoya (Costa Rica), Ikaria (Griechenland) und Loma Linda (Kalifornien/USA).
Wir können selbst beeinflussen, welches Leben wir führen.
DAS GEHEIMNIS DER 100-JÄHRIGEN.
Seither treibt zahlreiche Altersforscher die Frage um: Warum leben die Menschen hier gesünder und länger als überall sonst auf der Welt? Eine Gemeinsamkeit ist die ursprüng- liche, naturverbundene Lebensweise. Die Blue Zones liegen isoliert in Bergen, Tälern oder auf Inseln. Die Bewohner bauen ihre Lebensmittel selbst an und haben wenig Berührung mit Lärm, Verkehrsstaus, Smog, Schnelllebigkeit oder Umweltverschmutzung. Auch die Ernährung scheint eine große Rolle zu spielen: In den Blue Zones gibt es zwar keine einheitliche Diät, allerdings wird in allen Gebieten vor allem frische, kalorienarme, unverarbeitete Nahrung gegessen. Meistens kommt pflanzliche Kost auf den Tisch, ergänzt mit Fisch und hochwertigen Milchprodukten. In vielen der Gebieten wird auch regelmäßig gefastet, weil es zur Lebensphilosophie gehört. Und auch Bewegung ist fest in den Alltag integriert – die Menschen arbeiten im Garten, hüten Schafe oder verrichten Handarbeiten. Sie bewegen sich also ständig, ohne groß darüber nachzudenken. Und: In allen „Blue Zone“-Gebieten spielen soziale Kontakte eine wichtige Rolle, sei es durch starke Familienverbände oder ein aktives Gemeindeleben: „Wir wissen, dass starke emotionale Bindungen essenziell sind, wenn es darum geht, gesund zu altern. Wer sozial gut eingebunden ist, verringert sogar sein Demenzrisiko“, sagt Prof. Kleine-Gunk. Denn wer sich regelmäßig mit anderen austauscht, trainiert auch sein Gehirn.
DAS KÖNNEN SIE AUCH.
Auf den nächsten Seiten zeigen wir Ihnen in konkreten Beispielen, was Sie sich von den Blue Zones abschauen können. Das Schöne daran ist: Für ein langes, gesundes Leben braucht es weder teure Pillen noch extreme Sporteinheiten. Vielmehr geht es um den Mix aus ausgewogener Ernährung, ausreichend Erholung, einem positiven Blick auf das Leben, viel Alltagsbewegung und einem guten sozialen Umfeld.
OKINAWA-INSELN, JAPAN: MASSVOLLES ESSEN.
„Mit 70 bist du ein Kind, mit 80 ein Jugendlicher und mit 90, wenn dich deine Ahnen in den Himmel rufen, bitte sie zu warten, bis du 100 bist.“ Das steht auf einem Steinblock im Dorf Ogimi im Norden von Okinawas Hauptinsel. In Ogimi sind 15 der 3.000 Dorfbewohner 100 Jahre oder älter, 171 sind in ihren Neunzigern. Was ist ihr Geheimnis? Zu den Grundnahrungsmitteln gehören Süßkartoffeln, Bittermelone, carotinoidreiche Meeresfrüchte wie Meeresalgen und grünes Blattgemüse. Diese Lebensmittel hemmen Entzündungen und oxidativen Stress, sind nährstoffreich und kalorienarm. Letzteres spielt eine wichtige Rolle dabei, ein hohes Alter zu erreichen: „Eine Kalorienbeschränkung wirkt sich bei allen bisher untersuchten Organismen von Hefezellen bis zu Menschenaffen lebensverlängernd aus“, sagt Prof. Kleine-Gunk. Lange Zeit waren die Bewohner von Okinawa gezwungen, wenig zu essen, die Region war arm. Heute haben viele ältere Menschen eine Philosophie daraus gemacht: „Hara hachi bu – iss nur so viel, dass du zu 80 Prozent voll bist.“ Wichtig: Voraussetzung für den positiven Effekt der Langlebigkeit ist, dass die Ernährung trotz der geringeren Kalorienzufuhr alle essenziellen Nährstoffe enthält.
OGLIASTRA, SARDINIEN: SOZIALES NETZ.
In dieser dünn besiedelten Gebirgsregion im Osten Sardiniens gibt es besonders viele 100-Jährige – auch Männer, deren Lebenserwartung normalerweise unter der von Frauen liegt. Woran könnte das liegen? Wer hier alt ist, der hat viel gearbeitet: als Schafhirte in den Bergen oder auf dem Feld in der Landwirtschaft. Ein hartes Leben, das festen Abläufen folgt – immer an der frischen Luft, aber ohne Stress, wie wir ihn heute kennen. Dafür mit viel Bewegung und einer hohen Sinnhaftigkeit: Schließlich geht es darum, Nahrung auf den Tisch zu bekommen. Diese trägt wahrscheinlich auch zur hohen Lebenserwartung bei, selbst gezogenes Gemüse, Kichererbsen und Kartoffeln sind Grundnahrungsmittel. Und: In der Ogliastra hat das Gemeinschaftsleben einen hohen Stellenwert, um ältere Menschen kümmert sich das ganze Dorf. Sie leben mit Verwandten zusammen und sind bis ins hohe Alter in Routinen eingebunden. Das trägt zu einer höheren Lebenserwartung bei – das ergaben zahlreiche Studien, wie etwa der „Chinese Longitudinal Healthy Longevity Survey“, an denen insgesamt 28.563 Menschen mit einem Durchschnittsalter von 89 Jahren teilnahmen. Je häufiger soziale Kontakte existierten, desto größer war danach die Wahrscheinlichkeit, länger zu leben.
LOMA LINDA, KALIFORNIEN: SINNHAFTIGKEIT.
In der Kleinstadt leben Angehörige einer Glaubensgemeinschaft. Sie werden vier bis zehn Jahre älter als der durchschnittliche Kalifornier. Außerdem leiden sie seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Eine Erklärung dafür ist die Ernährung. Die Anhänger ernähren sich vegetarisch mit Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen. Und der Glaube gibt ihnen Sinn. Davon können sich auch weniger gläubige Menschen etwas abschauen: Wer davon überzeugt ist, ein sinnvolles Leben zu führen, ist körperlich und geistig gesünder und lebt länger. Das ergab die amerikanische Kohortenstudie „Health and Retirement Study“. Dieses Gefühl, eine Bestimmung zu haben, kann auch aus sozialem Engagement oder der Verantwortung für ein Tier entstehen. Zuletzt ist Loma Linda bekannt für das Loma Linda University Medical Center, ein Krankenhaus und Forschungszentrum, das auf Gesundheitsförderung spezialisiert ist. In Loma Linda wird also viel Wert auf Prävention gelegt, was sehr wahrscheinlich zu einer höheren Lebenserwartung beiträgt.
Was wir uns abschauen können.
1. Nährstoffreich essen.
Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst und Vollkorngetreide kommen in den Blue Zones regelmäßig auf den Teller, in einigen Gebieten auch Fermentiertes. Die Mahlzeiten sind vorwiegend pflanzlich, Fleisch essen die Menschen in den Blue Zones höchstens einmal pro Woche. Milchprodukte wie Ziegenkäse oder Eier sorgen für ausreichend Proteine. Fisch hingegen wird mehrmals die Woche in kleinen Portionen gegessen. Achten Sie deshalb darauf, häufig unverarbeitete Lebensmittel zu verwenden.
2. AUSGLEICH SCHAFFEN.
Dauerstress ist ein Risikofaktor für viele Erkrankungen. Wirkungsvoll gegen Stress sind Entspannungstechniken wie Yoga oder Achtsamkeitsübungen. Die Bewohner von Okinawa nehmen sich jeden Tag Zeit, um sich an ihre Vorfahren zu erinnern, auf Ikaria gehören kurze Schläfchen zum Tagesablauf.
3. KONTAKTE PFLEGEN.
Einsamkeit kann die Lebenszeit verkürzen und Depressionen oder Demenz begünstigen. Das wissen auch die Bewohner der Blue Zones: Bei ihnen haben Freundschaften und Familie einen hohen Stellenwert. Deshalb: Sagen Sie Ihren Liebsten regelmäßig, dass sie Ihnen wichtig sind, und nehmen Sie sich Zeit für sie.
4. WENIG ALKOHOL, NICHT RAUCHEN.
Lange wurde das Glas Rotwein der Mittelmeerbewohner als gesunde Gewohnheit gesehen. Inzwischen steht fest: Es ist generell gesünder, ganz auf Alkohol zu verzichten. Die Bewohner der Blue Zones trinken keinen (Loma Linda) oder sehr wenig Alkohol. Und: Jede Zigarette verkürzt die Lebenszeit um 20 Minuten!
5. KÖRPERLICHE AKTIVITÄT.
Sardiniens Schäfer gehen täglich acht Kilometer mit ihren Tieren. Schon 4.000 Schritte am Tag halten uns fit. Versuchen Sie, so viel Bewegung wie möglich in ihren Alltag einzubauen: Treppensteigen, zum Supermarkt spazieren oder aufs Fahrrad umsteigen.
6. SINNHAFTIGKEIT.
Die Menschen auf den Okinawa-Inseln nennen es „Ikigai“, übersetzt in etwa, den Sinn des Lebens erkannt zu haben. Das sorgt für eine grundlegende Zufriedenheit, die zu einem längeren und glücklicheren Leben beitragen kann.
Vorsorge.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen tragen zu einem langen, gesunden Leben bei. Wer bei der BMW BKK versichert ist, profitiert von vielen zusätzlichen Vorsorgeangeboten:
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