BIN ICH EIN FAKE?
Denken Sie öfter, nicht so gut zu sein, wie andere glauben, und fühlen sich als Betrüger? Mit dem Gefühl sind Sie nicht alleine. Viele erfolgreiche Menschen leiden am „Hochstapler-Syndrom“.
Kennen Sie solche Momente: Ein entscheidendes Arbeitsprojekt ist erfolgreich beendet, jemand stimmt eine Lobeshymne auf Sie und Ihre Fähigkeiten an. Doch statt sich zu freuen, würden Sie am liebsten im Boden versinken und denken: „Was mache ich hier eigentlich? Es muss sich um einen Irrtum handeln, denn ich bin nicht gut genug.“ – Sie glauben, Sie sind ein Fake? Eine Art Hochstapler? Dann geht es Ihnen wie Filmstar Tom Hanks, der sagte: „Ich habe ständig Angst zu versagen und dass jemand herausfindet, dass ich eigentlich nichts kann.“ Oder wie Jodie Foster, als sie 1988 den Oscar gewonnen hatte und gestand: „Es war genauso, als ich den Campus in Yale betreten habe. Ich dachte, jeder würde es herausfinden und sie würden mir den Oscar wegnehmen.“ Sie käme sich immer wie eine Betrügerin vor.
Blender oder Impostor-Syndrom?
Dabei sind Menschen mit Hochstapler-Selbstkonzept weit davon entfernt, Blender zu sein, wie ihn Leonardo DiCaprio im Film „Catch Me If You Can“ spielt – dieser gibt sich als Pilot und Arzt aus, obwohl er keine entsprechende Ausbildung hat. Ganz im Gegenteil stapeln Menschen mit Impostor-Syndrom tief. Prof. Dr. Sonja Rohrmann, Goethe Universität Frankfurt, erklärt: „Objektiv betrachtet, gibt es offenbar eine Reihe von Belegen für ihre Kompetenz, ihre hervorragenden Leistungen und Erfolge. Subjektiv schreiben sich diese Personen ihren Erfolg jedoch nicht selbst zu. Vielmehr haben sie das Gefühl, ihn nicht verdient zu haben. Durch die Diskrepanz zwischen ihrem subjektiven Erleben von Inkompetenz und dem objektiven Erfolg haben die Personen den Eindruck, eine Maske zu tragen, die vor anderen verbirgt, was tatsächlich hinter ihrer Fassade steckt. Sie leben in ständiger Angst, dass ihre Maske fällt und sie entlarvt würden, sobald ihre vermeintliche Inkompetenz nicht länger verborgen werden könne.“
Zeitgeist oder Kindheit?
Woher kommt es nur, dass gerade begabte Menschen unter solchen Minderwertigkeitsgefühlen leiden? Ist es der Zeitgeist, der immer mehr Selbstoptimierung fordert? Oder wurden die Betroffenen als Kinder zu wenig gelobt? Das erste Mal beobachteten die Psychologinnen Pauline Rose Clance und Suzanne A. Imes Ende der 1970er-Jahre das Phänomen bei erfolgreichen Frauen. Im Rahmen vieler Folgestudien hat sich jedoch gezeigt: „Das Hochstapler-Selbstkonzept ist geschlechts- und kulturübergreifend (mit deutlich höherer Prävalenz in leistungs- und wettbewerbsorientierten Gesellschaften) unter begabten und erfolgreichen Personen aller Berufsgruppen weit verbreitet.“
Prof. Dr. Rohrmann erklärt die Ursache aber auch, wie viele Psychologen heute, mit frühkindlicher Prägung, die auf zwei Wegen zum Tiefstapeln führen kann.
Erstens: Wird ein Kind wegen kleinen Dingen überschwänglich als perfekt von den Erziehenden gelobt, „entlarvt“ das Umfeld später, dass sich die Eltern wohl getäuscht haben müssen im Wunderkind, dem als Erwachsener nicht alles mit Leichtigkeit gelingen kann.
Zweitens: Wird ein Kind wenig beachtet und bleiben seine Fähigkeiten unbeachtet, z. B. im „Rampenlicht“ eines Geschwisters, entwickelt es auch kein gesundes Selbstwertgefühl.
Workaholic oder Prokrastinateur?
Unterschieden werden auch Impostor-Syndrom-Typen:
- Workaholics, die durch harte Arbeit ihr vermeintliches Unvermögen ausgleichen wollen.
- Magische Denker, die Glückssymbolen mehr vertrauen.
- Bescheidene, die Anerkennung nicht annehmen und auf Unterstützung oder günstige Umstände verweisen.
- Charmante, die Erfolge mit „nur Nettsein“ erklären.
- Chamäleons, die sich vor lauter Angst anpassen.
- Einfühlsame, die hingebungsvoll die Wünsche anderer erfüllen und sich selbst zurücknehmen.
Prokrastinateure passen auch dazu, denn sie schieben den Tag der Blamage möglichst lange auf und arbeiten kurz zuvor exzessiv. Dabei gefährden sie wie die Workaholics nicht nur ihre Gesundheit, sondern bleiben langfristig tatsächlich unter ihren Möglichkeiten.
Was Können wir tun?
Als Erkrankung gilt das Impostor-Syndrom nicht. Zwischen 50 und 70 Prozent aller Menschen erleben Momente, in denen das innere Ich tiefer stapelt, als es müsste. Z. B. haben viele vor Prüfungen Angst, nicht gut genug vorbereitet zu sein. Das geht normalerweise vorüber. Doch wenn sich nie ein gutes Erfolgsgefühl einstellt, vor lauter Arbeit ein Burnout naht, sich Anzeichen von Stress wie Schlaflosigkeit mehren bis hin zur Depression, dann wird es höchste Zeit zu handeln: Sprechen Sie über Ihre Gefühle! Sie werden sich wundern, wie viel Resonanz Sie bei anderen bekommen, die „Ach, dir geht’s genauso!?“ rufen. Und versuchen Sie mithilfe von Freunden, Kollegen oder auch psychologisch geschulten Beratern selbstbewusst realistische Ziele zu setzen. ///
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