„Wir. Füreinander.“
Wir haben mit dem Leiter der BMW BKK, Jens Gerhardt, über die Herausforderungen und Chancen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gesprochen. Dabei geht es um die finanzielle Lage im Gesundheitssystem, die BMW BKK und den Ausblick auf die Zukunft.
Herr Gerhardt, was sind die Ursachen für die aktuell alarmierende finanzielle Lage im GKV-System?
Kurz gesagt: Die Einnahmen decken die Ausgaben nicht mehr, und die finanziellen Rücklagen in der GKV sind aufgebraucht. Der demografische Wandel führt dazu, dass immer mehr ältere Menschen in Deutschland leben, was den Bedarf an medizinischen Leistungen steigert. Gesetzliche Regelungen und strukturelle Probleme, insbesondere im Bereich der Krankenhausversorgung, treiben die Kosten zusätzlich in die Höhe. Die Inflation in den Jahren 2022 und 2023 hat die Ausgaben im Gesundheitswesen weiter erhöht. Auch der medizinische Fortschritt, z. B. in der Krebsforschung mit teuren Medikamenten und Gentherapien trägt zu den steigenden Ausgaben bei. In den letzten Jahren wurden zudem notwendige Reformen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen versäumt. Angesichts dieser ungebremsten Ausgaben müssen auch die Einnahmen weiter steigen.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Gesundheitspolitik auf die Beitragssätze der Krankenkassen und was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?
Ein „Weiter-so“ in der Gesundheitspolitik würde auch in Zukunft unweigerlich zu immens steigenden Zusatzbeiträgen führen. Die Gesundheitsministerin Nina Warken setzt aus meiner Sicht an den richtigen Stellen an. Sie möchte den Krankenkassen durch zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt kurzfristig Luft verschaffen, behält aber notwendige Finanz- und Strukturreformen im Blick. Als Beispiel möchte ich die fehlenden zehn Milliarden Euro pro Jahr nennen, die der Bund an die Krankenkassen zahlen müsste, um die Kosten der Bürgergeldempfänger tatsächlich zu decken. Bisher blieben solche Forderungen ungehört. Nun soll das Thema angegangen werden. Auch die künftige Kommission, die Vorschläge für eine grundlegende Reform der Krankenkassenfinanzen erarbeiten soll, wird schneller Ergebnisse liefern. Ein Schritt in die richtige Richtung. Sobald diese und weitere vom Gesetzgeber angekündigten Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen in der GKV eine Beitragssenkung ermöglichen, werden wir diese umsetzen. Es gibt aber noch sehr viele Baustellen in der GKV.
Warum liegen die meisten Krankenkassen, inklusive der BMW BKK, über dem durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz von 2,5 Prozent?
Der Schätzerkreis* hat für 2025 den durchschnittlichen Zusatzbeitrag auf 2,5 Prozent festgelegt – tatsächlich erhoben wurden zum 1. Mai 2025 aber 3,01 Prozent. Zusätzlich hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Wirtschaftsweisen“) eine weitere Erhöhung von 0,8 Prozent in Aussicht gestellt. An sich waren die Prognosen bzgl. der Einnahmen und Ausgaben im Gesundheitswesen durch den Schätzerkreis immer sehr präzise. Für 2024 hat sich aber ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro ergeben, und auch für 2025 erwarten wir eine ähnliche Entwicklung.
„Wir passen den Zusatzbeitragssatz nur so weit an, wie es unbedingt notwendig ist.“
Wie haben die gesetzlichen Vorgaben die finanzielle Situation der BMW BKK beeinflusst?
In den letzten Jahren waren alle Krankenkassen gesetzlich dazu verpflichtet, ihr Vermögen abzubauen. Zusätzlich hat der Gesetzgeber aufgrund der Finanznot in den Jahren 2021 und 2023 Rücklagen einzelner Krankenkassen in Anspruch genommen. Die BMW BKK wurde dadurch mit ca. 45 Millionen Euro belastet. Um weiteren Rückgriffen vorzubeugen, haben wir unser Vermögen auf ein Mindestmaß zurückgeführt und dies über niedrige Beitragssätze in den Jahren 2022 bis 2024 an unsere Versicherten weitergegeben.
Die drastische Kostenentwicklung im Jahr 2024 hat diesen Vermögensabbau jedoch stärker vorangetrieben als ursprünglich geplant. Daher wird der Beitragssatz ab dem 1. Juli 2025 auch dazu dienen, die gesetzlich vorgeschriebene Rücklage wieder aufzubauen. Unser Ziel ist es, den Zusatzbeitragssatz zum Jahreswechsel 2025/2026 stabil zu halten.
Sie haben mehrmals Ihren Beitragssatz erhöht. Was sind die Gründe dafür?
Wir sind uns bewusst, dass jede Beitragserhöhung eine zusätzliche Belastung für unsere Versicherten und Arbeitgeber darstellt. Daher passen wir den Zusatzbeitragssatz nur so weit an, wie es unbedingt notwendig ist. Wir fahren sozusagen auf Sicht. Dadurch vermeiden wir eine unnötige Belastung der Versicherten, müssen aber auf der anderen Seite den Beitrag öfter anpassen.
Was tun Sie, um den Beitragssatz künftig stabil zu halten, gerade in Zeiten, in denen alles teurer wird und die Versorgung oft als unzureichend empfunden wird?
Als gesetzliche Krankenkasse haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, die Leistungsausgaben zu steuern. Allerdings sind unsere Verwaltungskosten besonders niedrig – von 94 gesetzlichen Krankenkassen liegen wir auf dem dritten Platz. Dieser Wettbewerb um die Verwaltungskosten ist ein wichtiges Argument für die Vielfalt der Krankenkassen, da er den Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten bietet, besonders im Vergleich zu staatlichen Behörden.
Gleichzeitig ist die Situation in der ambulanten und stationären Versorgung sehr komplex. Um die Beiträge stabil zu halten, sind grundlegende Strukturreformen erforderlich. Zusätzlich muss die GKV von sogenannten versicherungsfremden Leistungen durch Steuermittel entlastet werden. Unsere Verwaltungsratsvorsitzenden Manfred Schoch und Karl Hacker arbeiten in verschiedenen Gremien daran, diese Veränderungen voranzutreiben.
Um die Versorgung unserer Versicherten zu verbessern, haben wir bereits zahlreiche Angebote entwickelt, die in allen Lebenslagen unterstützen – besonders, wenn es um eine gute Versorgung geht. Ein Beispiel ist unser Facharzttermin-Service, der unsere Versicherten bei der Suche und Terminvereinbarung bei einem Spezialisten unterstützt. Auch unser Psychologischer Beratungsservice bietet wertvolle Unterstützung in schwierigen Zeiten.
Gibt es noch weitere Angebote, die Sie Ihren Versicherten anbieten?
Für die Sportlichen haben wir Gymondo, eine Plattform, die unsere Versicherten bei ihren Fitnesszielen unterstützt. Aumio sorgt für gesunden Schlaf bei Kindern und bietet entspannende Inhalte, die den Kleinen helfen, zur Ruhe zu kommen. Auch unsere digitalen Elternabende finden großen Anklang. Mit der Meditations-App 7mind fördern wir die mentale Gesundheit und Achtsamkeit im Alltag. Ein weiteres wichtiges Angebot ist unsere Darmkrebsprävention inklusive Stuhltest, bei der zwei Drittel der Teilnehmer Männer sind. Viele Krebserkrankungen und -vorstufen konnten so frühzeitig entdeckt und behandelt werden. Mit diesen und weiteren Mehrleistungen wie Osteopathie oder dem Sport-Check setzen wir uns aktiv für die Gesundheit unserer Versicherten ein.
DIE MEHRLEISTUNGEN
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Warum sollte ich nicht in eine günstigere gesetzliche Krankenversicherung wechseln?
Neben dem Beitragssatz sollten Versicherte auch immer den Service und die Leistungen im Blick behalten. Bei uns erhalten die Kunden umfassende und individuelle Unterstützung – sei es bei ernsthaften Erkrankungen, Pflegebedürftigkeit oder bei der Gesundheitsvorsorge. Der gesamte Markt ist momentan sehr volatil. Bis zum 1. Mai 2025 gab es schon einige Krankenkassen, die ihren Beitrag im laufenden Jahr angehoben haben. Viele große Kassen haben angekündigt, dass ihre Beiträge ebenfalls deutlich steigen werden. Es ist zwar nur ein kleiner Trost, aber man sollte auch daran denken, dass die Krankenkassenbeiträge nach § 10 Einkommenssteuergesetz als Sonderausgaben abgesetzt werden können und dadurch die Steigerung gemildert wird.
„Die Finanzierung der GKV funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip und erfolgt im Umlage-
verfahren. Das bedeutet, dass die Beiträge der Versicherten direkt zur Finanzierung der aktuellen Ausgaben verwendet werden.“
Warum sollte ich nicht in die Private Krankenversicherung (PKV) wechseln?
Wenn man über dem versicherungspflichtigen Einkommen von 6.150,00 Euro monatlich bzw. 73.800,00 Euro jährlich liegt, kann man in die PKV wechseln. Dies ist zunächst einmal eine sehr persönliche Entscheidung, die von vielen Faktoren abhängt, z. B. der eigenen Gesundheit oder der Familienplanung.
Die Finanzierung der GKV funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip und erfolgt im Umlageverfahren. Das bedeutet, dass die Beiträge der Versicherten direkt zur Finanzierung der aktuellen Ausgaben verwendet werden. In der PKV hingegen baut jeder Versicherte einen individuellen Vermögensstock auf, der auf seinem persönlichen Krankheitsrisiko basiert. Aber auch die PKV bleibt von der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen nicht unberührt. Im Jahr 2024 sind die Beiträge in der PKV im Durchschnitt um 12 Prozent gestiegen.
Ich selber bin seit meinem Eintritt in die BMW AG vor fast 30 Jahren bei der BMW BKK versichert und habe die Entscheidung nie bereut.
Sehen Sie bei diesen Herausforderungen auch Chancen für die GKV?
Ja, auf jeden Fall! Die geplanten Reformen können es uns ermöglichen, digitale Angebote auszubauen und zu verbessern. Die Elektronische Patientenakte hat das Potenzial, die Versorgung effizienter und qualitativ hochwertiger zu gestalten. Durch mehr Transparenz in der Diagnostik und bei Therapien können wir deutliche Fortschritte in der Qualität erzielen.
Außerdem sollten wir den Zugang zu digitalen Pflegeanwendungen erhöhen und gezielte Schulungen anbieten. Ein breiterer Einsatz von Telemedizin ist ein weiteres Beispiel. Das derzeit diskutierte „Primärarztsystem“, bei dem Patienten zuerst ihren Hausarzt konsultieren, könnte helfen, die fachliche Spezialisierung, die wir in allen Bereichen der Medizin erleben, durch die ganzheitliche Sicht des „Primärarztes“ besser zu bündeln, unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden und damit bei einer besseren individuellen Versorgung die Kosten im Gesundheitssystem zu senken.
Was erwarten Sie für die Zukunft?
Die Einnahmen, Ausgaben und Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung sind stark von der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland abhängig. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass die Bundesregierung zügig damit beginnt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Unabhängig davon, wie sich der allgemeine Beitragssatz in der GKV entwickelt, hat sich die BMW BKK immer zum Ziel gesetzt, unseren Versicherten einen Beitragssatz anzubieten, der unter dem Branchendurchschnitt liegt. Diesen Anspruch haben wir in den letzten 35 Jahren nahezu durchgängig erfüllt, und wir werden auch in Zukunft alles daransetzen, diesem Ziel gerecht zu werden. Spätestens im Jahr 2027 sollte dies wieder der Fall sein.
Warum sollte ich bei der BMW BKK versichert bleiben?
Unsere Versicherten können sich darauf verlassen, dass wir als gesetzliche Krankenkasse, die eng mit BMW verbunden ist, sicher, zuverlässig und mit Augenmaß durch diese stürmischen Zeiten steuern. „Wir. Füreinander“ ist nicht nur ein einfacher Slogan, sondern spiegelt unsere Einstellung gegenüber unseren Versicherten wider. Besonders die Nähe zu unseren Versicherten, sei es von Kollege zu Kollege an den Werksstandorten oder die vielen persönlichen Gespräche vor Ort spornen uns an, zu helfen und höchste Qualität zu liefern.
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